Freitag, 13. Januar 2012

Die Illusion des freien Marktes - Ein Appell für die Freiheit

Ja, liebe Leser, nach einer erkenntnisreichen Woche für mich, melde ich mich wieder zurück. Dieses mal mit einem ganz anderen Thema, das aber auch ganz viel mit jedem von uns zu tun hat.

Ich möchte mit diesem Artikel eine Reihe von Blogbeiträgen zum Thema "Freiheit" starten. Freiheit, Selbstverantwortung und Selbstermächtigung spielen bei uns und in unserem Coaching eine besondere Rolle. Wie sich immer wieder gezeigt hat und zeigt, sind diese zunächst abstrakten Begriffe die Schlüssel zu einem selbstbestimmten, zufriedenen und glücklichen Leben. 
Also Anlass genug, sich einmal etwas ausführlicher damit auseinanderzusetzen.

In den letzten Wochen wuchs die Kritik an der freien oder auch sozialen Marktwirtschaft. Äußerungen, wie "Der Kapitalismus am Ende" (FAZ) oder andere geisterten durch die Medienlandschaft und die sozialen Netzwerke.
Um Kritik zu äußern, ist es notwendig, zu verstehen, was Begrifflichkeiten wie Kapitalismus, freie Marktwirtschaft und soziale Marktwirtschaft bedeuten.
Der Kapitalismus existiert nicht eben als Kapitalismus in einer eindeutigen Form, es ist eher wie Wikipedia schreibt:
"... Allgemein begreift man Kapitalismus als eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt beruht. Als weitere Merkmale werden genannt: die Akkumulation und das „Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb“. ..."
Insofern sind freie Marktwirtschaft und soziale Marktwirtschaft als Varianten des Oberbegriffes Kapitalismus zu sehen.
Bei uns in Deutschland ist der Begriff der "Sozialen Marktwirtschaft" geprägt worden. Wikipedia schreibt:
"... Soziale Marktwirtschaft ist ein gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Leitbild mit dem Ziel, „auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die wirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden. Das Konzept basiert auf Vorstellungen, die mit durchaus unterschiedlicher Akzentuierung von einigen Wissenschaftlern schon in den 1930er und 1940er Jahren entwickelt wurden und die unter dem – heute mehrdeutigen – Ausdruck Neoliberalismus subsumiert worden sind. Hier spielt vor allem der Ordoliberalismus eine besondere Rolle, als dessen wichtigster Repräsentant Walter Eucken gilt. Als weitere geistige „Gründerväter“ gelten Franz Böhm, Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke. ..."
Der wohl bekannteste Politiker, der diese Ideen in der frühen Bundesrepublik konsequent umgesetzt hatte, war Ludwig Erhard.
Grundleitlinie dieser Ideen war und ist unter anderem auch eine Äußerung von Alexander Rüstow:
"Der neue Liberalismus jedenfalls, der heute vertretbar ist, und den ich und meine Freunde vertreten, fordert einen starken Staat, ein Staat oberhalb der Wirtschaft, oberhalb der Interessen, wo er hingehört."
Dieses Zitat stufe ich als die Definition des Neoliberalismus ein.

Zum Verständnis dazu möchte ich kurz ausführen, was das in Realität bedeuten würde:
Es bedarf eines starken Staates, der die Grundbedürfnisse der Bürger an einen Staat erfüllt, wie Sicherheit, Rechtsprechung und Verteidigung, der die Randbedingungen, die Leitplanken für die wirtschaftliche Entwicklung und das wirtschaftliche Handeln setzt. Ein Staat, der sich aber grundsätzlich als neutral definiert und sich oberhalb der wirtschaftlichen Interessen einzuordnen hat. Der Staat selbst hat im Wirtschaftsgeschehen nichts zu suchen. Er hat sich nicht in das wirtschaftliche Treiben einzumischen und Partei für den einen oder anderen zu ergreifen, sondern im Gegenteil dafür zu sorgen, dass ein fairer Wettbewerb herrscht.

Jetzt möchte ich den Blick auf die Realität in unserem Lande richten:
Viele Gesetze, die unser wirtschaftliches Leben heute noch prägen, sind Gesetze aus der Zeit des dritten Reiches. Einer Zeit des nationalen Sozialismusses, die vom Kern her also mit Kapitalismus und Martkwirtschaft nicht viel gemein hat. Zum Beispiel wurde die Zwangsmitgliedschaft der IHK (Industrie- und Handelskammern) zuerst in der Kaiserzeit als Mittel staatlicher Kontrolle eingeführt und im dritten Reich zum Instrument staatlicher Wirtschaftspolitik. Auch große Teile der Steuergesetzgebung, die wir heute noch haben, stammen aus der Zeit des Nationalsozialismusses, wie z.B. die Einteilung der Steuerklassen.
Das heisst, große Teile unseres Wirtschaftslebens werden auch heute noch durch Gesetze einer nationalen sozialistischen Zeit geprägt. Die Entnazifizierung hat hier endgültig versagt.

Heute läßt sich feststellen, dass der Staat stark regelnd eingreift und den freien Markt, die Ausübung eines Gewerbes damit faktisch einschränkt und erschwert:
  • Wenn ich mich als Handwerker ohne Berufsausbildung oder gar Meistertitel selbständig machen will, geht dieses nicht, weil für viele Berufe ein Meister- oder Gesellenzwang herrscht und die HWKs dieses Recht ohne Rücksichten verteidigen und sich dabei oft als Staat im Staate zeigen.
  • Öffnungszeiten von Geschäften sind gesetzlich geregelt.
  • Genehmigungen für die Errichtung und Eröffnung von Unternehmen oder die Aufnahme selbständiger Tätigkeiten müssen von vielen verschiedenen Stellen eingeholt werden, oft vergehen Monate, bis diese vorliegen.
  • Unternehmensentscheidungen können oft nur unter Hinzuziehung eines Steuerberaters getroffen werden, da das Steuerrecht unüberschaubar geworden ist.
  • Jeder Unternehmer, Selbständige oder Freiberufler ist Zwangsmitglied in einer der Kammern,  IHK, HWK (Handwerkskammer), Ärtzekammer, Anwaltskammer etc.
  • Es gibt Zwangsgebühren, wie z.B. die GEZ, was der einseitigen Förderung eines staatlichen Medienapparates dient.
  • Es gibt Vorschriften, wo, wie ein Betrieb einzurichten und zu führen ist.
  • Es gibt Vorschriften, wo, wie und mit welchen Produkten ein Haus zu bauen ist.
  • ...

Darüberhinaus mischt sich der Staat zunehmend in den wirtschaftlichen Prozess ein und verzerrt damit die Wettbewerbssituation deutlich:
  • Großunternehmen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, bekommen staatliche Unterstützungen
  • Banken werden aufgefangen
  • Das Bilanzierungsrecht für Banken wurde geändert, um die Banken nach aussen besser dastehen zu lassen
  • Subventionen werden in riesigen Mengen ausgeschüttet, von denen insbesondere größere Unternehmen profitieren, da diese - bedingt durch die Größe ihres Apparates - am Besten die Subventionsangebote überschauen können.
  • marktwirtschaftliche Prinzipien werden ausser Kraft gesetzt: Haftung für Fehlentscheidungen, Insolvenzen von Banken und Großunternehmen werden ausgeschlossen - oft mit der Begründung, sie seien systemrelevant.
  • Subventionen schaffen Anreize, bestimmte Produkte zu kaufen oder nicht, der Markt wird ausgehebelt.
  • ...

Alle diese Punkte schildern einleuchtend, dass der Staat die überwachende neutrale Position oberhalb der Wirtschaft verlassen hat. Er betreibt zunehmend Interessenpolitik für Lobbygruppen und das oft mit der Begründung, das Beste für die Bürger, das Land und die Umwelt durchsetzen zu wollen. Das aber steht im krassen Widerspruch zur Definition der "Sozialen Marktwirtschaft" und des "Neoliberalismus". Die "Soziale Marktwirtschaft" und der "Neoliberalismus" verlangen geradezu danach, dass sich der Staat eben nicht einmischt und nur als neutraler Schiedsrichter agieren darf.

Die Probleme, die wir heute in unserem Land, in der EU oder auch in nahezu der gesamten westlichen Welt sehen, sind daher nicht das Ergebnis einer "Sozialen Marktwirtschaft" oder des "Neoliberalismusses".
Sie sind das Ergebnis eines riesengroßen Glaubens an einen fürsorgenden Staat, der sich immer mehr in Wirtschafts- und Privatangelegenheiten einmischt und lenkend tätig ist. Begründet wird dieses damit, das Beste für die Bürger, das Land und die Umwelt tun zu wollen. Dass dabei Prinzipien, die Freiheit und Wohlstand für alle garantierten, langsam aber sicher ausgehebelt wurden, wird allzuoft jedoch nicht wahrgenommen oder sogar ignoriert. Stattdessen wird die soziale Marktwirtschaft, die wir in unserem Land nur noch ansatzweise antreffen, für alle Probleme verantwortlich gemacht. Nein, es ist nicht die soziale Marktwirtschaft, die versagt hat. Es ist der Staat und mit ihm die Politiker und Beamten, die versagt haben. In nahezu sozialistischer Manier greifen sie in das Wirtschaftsgeschehen und die persönlichen Belange der Bürger ein. Sie nehmen uns Entscheidungen ab und schreiben uns vor, wie wir zu leben und wirtschaften haben, weil sie vordergründig das Beste wollen. Beraten werden sie dabei von Lobbyisten.

Ich führe deshalb eine neue Definition für diese Gesellschaftsordnung ein: "Oligopoler Sozialismus"
– Politik zugunsten weniger Lobbygruppen.

Der zunehmende Einfluss des Staates auf das Wirtschafts- und das Privatleben eines jeden einzelnen erfolgt in kleinen unmerklichen Dosen. Unsere Gestaltungs- und Wahlfreiheiten werden zunehmend eingeschränkt, ohne dass wir es richtig wahrnehmen. Viele werden es erst merken, wenn es zu spät sein wird. Das Groteske dabei: Die Massenmedien suggerieren und damit glauben das auch viele Menschen, dass nur der Staat und die Politik, die Probleme unserer Zeit lösen kann. Der gleiche Staat, der uns die Suppe eingebrockt hat, soll durch noch mehr Interventionen alles heilen. Mit der Folge, dass Freiheiten nach und nach immer mehr eingeschränkt werden.

Mit der Freiheit ist das schon besonders: Wenn die Menschen die Freiheit haben, schätzen viele sie nicht wert und wollen sie durch Verbote, Gesetze und Verordnungen immer wieder neu einschränken. Sind die Menschen dann nicht mehr frei, so ist das höchste Gut die Freiheit, um die es sich zu kämpfen lohnt.
Jedes neues Gesetz ist, sofern es nicht ein anderes verändert oder ablöst, ein neuer Zaunpfahl, der die Weide der Freiheit immer weiter verkleinert.

Roland Baader, vor kurzem gestorben, meinte hierzu:
„Wer die Sicherheit der Freiheit vorzieht, wird immer in der Unfreiheit landen – und damit in der schlimmsten Unsicherheit, die dem Menschen widerfahren kann.“
Ich wünsche mir viele Menschen, die mehr Freiheit für sich wagen und die Verantwortung für sich und ihr Tun konsequent übernehmen, sich selbst ermächtigen und ihr eigenes individuelles Leben so gestalten, wie sie es sich vorstellen. Das allein ist alternativlos!
„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freyheit und das Bestreben nach Glückseligkeit."(Aus der originalen deutschen Übersetzung der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika)